Menschenmassen drängeln sich hinter einer Metall-Absperrung, die Security behält sie im Blick. Sie warten nicht auf einen Mega-Star, sondern wollen lediglich in das neue Quartier an der Elbe. Das Westfield Hamburg-Überseequartier feiert Eröffnung – diesmal wirklich. Bevor die Hamburgerinnen und Hamburger um 16 Uhr in den neuen Komplex aus Shopping- und Erlebnisangebot strömen, wird das Quartier mit rund 650 geladenen Gästen eingeweiht. Ehrengast ist Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher (SPD). Gegen 14.30 Uhr betritt Quartiersmanagerin Theda J. Mustroph die Bühne, gegenüber des Aufgangs zum neuen Multiplexkino. Nach ihr spricht Jean-Marie Tritant, CEO, Unibail-Rodamco-Westfield (URW): „Dieser wichtige Meilenstein bringt eine neue Destination in die Stadt Hamburg, die eine attraktive Auswahl an Shops, Restaurants und Entertainment-Angeboten in einer architektonisch einzigartigen Umgebung, im Herzen der Stadt, direkt am Elbufer bietet.“
Dann betritt Peter Tschentscher die Bühne und richtet die beiden Mikrofone am Pult: „Der Weg zur Eröffnung hatte Höhen und Tiefen“, sagt Hamburgs erster Bürgermeister. Wie Tritant gedenkt auch er der fünf im Oktober 2023 auf der Baustelle verunglückten Arbeiter: „Dieses tragische Unglück mahnt uns, dass das Handwerk und das Arbeiten auf Baustellen von dieser Größenordnung trotz moderner Technik und Sicherheitsvorschriften mit besonderen Risiken und Gefahren verbunden sind“, sagt Tschentscher und betont, dass die Regeln der Arbeitssicherheit immer höchste Priorität haben müssten.








Genau diese Sicherheit soll auf der besagten Baustelle in den vergangenen Jahren nicht immer an erster Stelle gestanden haben, kritisiert die Baugewerkschaft IG BAU, die am Eröffnungstag unter dem Motto „Ihre Shopping-Mall – Unser Grab“ demonstriert. Das neue Quartier in der HafenCity machte immer wieder mit Unfällen und Pannen Schlagzeilen. Es passte ins Bild, dass die Eröffnungstermine mehrfach verschoben wurden. Noch am Vortag der Eröffnung soll bei einem Presseevent ein Fehlalarm für Unruhe gesorgt haben, berichtet ZEIT:Hamburg in ihrem Newsletter. Zudem befürchten die Gewerbebetreibenden in der Innenstadt nach wie vor, dass das neue Quartier Einbußen für den eigenen Einzelhandel bedeutet.
Der Bürgermeister versucht zu beruhigen: Das neue Quartier stünde in keiner Konkurrenz zur Innenstadt, es sei vielmehr eine innovative und internationale Ergänzung. „Die City und das Überseequartier sind zwei Einkaufs- und Erlebniszentren, die wechselseitig Ausstrahlungs- und Anziehungskraft entwickeln“, sagt er. Nach seiner Ansprache folgt die symbolische Eröffnung. Deutsche Marinesoldaten tragen ein langes, rotes Tau auf die Bühne. Tschentscher, Tritant und Mustroph setzen mit drei goldenen Scheren an und schneiden es durch. Freude, Applaus.
Auf dem Überseeplatz wird der Akt des Tau-Schneidens noch mal für die hinter den Absperrungen stehende Menge wiederholt. In rot gekleidete Männer mit Trompeten spielen zuvor das Lied „Crazy in Love“ von Beyoncé. Mustroph betritt die Bühne, Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein und HafenCity-Chef Andreas Kleinau folgen und halten jeweils kurze Ansprachen. Pein nennt das Westfield „ein einzigartiges Projekt zur Erweiterung unserer Innenstadt“, Kleinau freut sich, „dass wir diesen Meilenstein mittlerweile erreichen konnten.“ Das Band wird zerschnitten, die Menge strömt in das Quartier. Man könnte meinen, die einst für die Eröffnung vorgesehene Star-Sängerin Rita Ora stünde am anderen Ende des neuen Komplexes. Sie kommt allerdings aufgrund der verschobenen Eröffnung erst im Juni zum Konzert an die Elbe. Tschentscher nannte das neue Quartier in seiner Rede „ein Stück Hamburg der Zukunft“. Ob es dieses wird, das entscheiden die Hamburgerinnen und Hamburger ab dem heutigen Tag.




