Der rote Teppich war ausgerollt: Einmal im Jahr kommt Hamburgs Gastroszene zusammen, um den begehrtesten Preis der Branche, den Genuss-Michel, zu verleihen und zugleich die Veröffentlichung des jährlich neu erscheinenden Print-Magazins SZENE HAMBURG Essen +Trinken zu feiern. So auch am Abend des 22. April im Emporio-Tower am Gänsemarkt.
Unter den rund 500 Gästen aus Gastronomie, Kultur, Sport, Medien und Wirtschaft befanden sich auch die Genuss-Michel-Preisträger, die 20 Testsieger und Jury-Mitglieder. Zu letzterem gehören unter anderem der Kochbuchautor Stevan Paul, Food-Stylistin Elli Neubert und foodlab-Gründerin Christin Siegemund.
Souverän und mit bester Laune führte Moderator Markus Tirok durch die knapp zweieinhalbstündige Gala. Zunächst begrüßten die beiden Herausgeber Tanya Kumst und Mathias Forkel auf der Bühne die Gäste und präsentierten die neue, rekordverdächtige 470 Seiten umfassende und knapp 1,2 kg schwere Ausgabe. Print hat eben Gewicht. Zusammen mit den Online-Angebot genussguide-hamburg.com und den Social-Media-Kanälen erreiche die Marke inzwischen „so viele Leute wie nie zuvor“, so Kumst.
Im Mittelpunkt des Abends stand die Verleihung des Genuss-Michel, Hamburgs wichtigstem Gastro-Preis. Dieser wird in den Kategorien „Bar des Jahres“, „Bester Newcomer“, „Restaurant des Jahres“, „Lebenswerk“ und „Nachhaltigkeit“ vergeben. Ausgezeichnet werden Gastronomien, die mit Qualität, Ideen und Konzepten überzeugen. Um den Preis zu erhalten, müssen sowohl die Tester als auch eine hochkarätige Jury überzeugt werden.
Die Genuss-Michel-Gewinner 2024:
„Bar des Jahres“: Nikkei Nine im Hotel Vier Jahreszeiten. Die funkelnde Bar im vorderen Bereich des japanisch-peruanischen Restaurants mixt Drinks auf Weltniveau. Das atemberaubende Ambiente könnte so auch in New York, Paris oder Tokio zu finden sein.
„Bester Newcomer“: KOER in Winterhude. Das junge Team hat die Genuss-Guide-Jury im Sturm erobert. „Einer der besten Newcomer, die ich je testen durfte“, sagte Koral Elci bei der Jury-Sitzung. Elli Neubert fasste zusammen: „Ich hatte hier einen der besten Abende, den ich jemals hatte – unfassbar schön“. Auch TV-Koch Tim Mälzer schwärmte an diesem Abend vom Koer: „Das Restaurant Koer scheint ‘The new shit in Town‘ zu sein. Ich kenne kein Restaurant, was in den letzten zehn Jahren dermaßen positiv besprochen wurde“.
„Restaurant des Jahres“: Das NIL am Neuen Pferdemarkt besteht seit über 30 Jahren. Das Team um Elisabeth Füngers und Steffen Hellmann weiß ihre Produkte gekonnt einzusetzen. Nicht ohne Grund ist das Nil seit 1995 das Lieblingsrestaurant von Juror Stevan Paul. Auch Tim Mälzer fand passende Worte: „Chapeau, ihr habt damals auch mir die Tür zur Kulinarik geöffnet.“
„Nachhaltigkeitspreis Nachschlag“: Hannes Schröder kocht nachhaltig, regional, saisonal. Auf seinem Kastanienhof in der Lüneburger Heide baut er an, was später in seinen Restaurants Was wir wirklich lieben in Eppendorf, dem Herzstück in Eimsbüttel und dem Küchenfreunde Kraftwerk in Bahrenfeld serviert wird.
„Lebenswerk“: Christian Rach ist zwar noch nicht im Ruhestand, hat sich den Preis für das Lebenswerk aber bereits mehr als verdient. Noch immer kennt er die Gastroszene und führt mit seinem Freund, dem CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, einen wöchentlichen Podcast.
Genuss-Michel für das Lebenswerk: Christian Rach
Christian Rach machte nicht nur als Restauranttester bei RTL Karriere und schrieb unzählige Kochbücher, sondern hatte in Hamburg mit dem Leopold, dem Engel, Luzifer, Darling Harbour, Rach & Ritchy und dem Tafelhaus mehrere legendäre Gastronomien betrieben.
Überreicht hat den Lebenspreis Bullerei-Inhaber Tim Mälzer, der Rach aus ihrer gemeinsamen Zeit im Tafelhaus und Engel kennt und sich diesem mit herzlicher Abneigung verbunden fühlt. Entsprechend emotional war die Laudatio, die unzweifelhaft eines der Highlights des Abends war. Mit einem Kuvert ausgestattet betrat Mälzer die Bühne und zog dann einige Zettel daraus hervor: „Wie fängt man eine Laudatio an, wenn das Arbeitsverhältnis zwischen Laudator und Preisträger beinahe mit einer Schlägerei endete?“ Seine Antwort bestand dann aus einer Mischung aus neckischen Hieben und aufrichtiger Anerkennung.
Zwar habe Rach weder das Studium der Philosophie und Mathematik abgeschlossen (was dieser wenig später korrigierte) und auch die Anzahl der durch seine Sendung geretteten Restaurants sei bescheiden – und überhaupt sei Rach der einzige Fernsehkoch, der noch nie im Fernsehen gekocht hätte („Böse Zungen behaupten, weil du es nicht kannst“), aber Rach habe Hamburg auf die kulinarische Landkarte gebracht und einigen angesehenen Köchen wie Kay Pellegrini, Tarik Rose und Tim Mälzer den Boden bereitet. Überhaupt sei Rach „bei der Schaffung des Monsters Tim Mälzer nicht ganz unschuldig“, so Mälzer.
Einige freundliche Worte fand Mälzer dann doch: „Lieber Christian, du bekommst zu Recht diesen Preis, weil du schon immer über den Tellerrand geschaut hast, weil du mutige gastronomische Konzepte, die oft ihrer Zeit voraus waren, etabliert hast, weil du Menschen das Selbstbewusstsein gegeben hast, ihren eigenen Weg zu gehen. Du hast die gastronomische Landkarte wie kaum ein anderer in Hamburg seit über 40 Jahren geprägt – durch dein Wissen, an dem du alle, manchmal auch ungefragt hast teilhaben lassen … Eigentlich immer ungefragt. (…) Es ist mir ein Vergnügen und eine wirklich große Ehre, den Lebenswerk-Preis an meinen Chefe Christian Rach zu überreichen.“
Unter tosenden Applaus und Standing Ovations betrat Rach die Bühne, war sichtlich gerührt, zeigte mit der Hand klopfend auf sein Herz. Dann ergriff er das Wort, bedankte sich und machte seinem Namen alle Ehre: „Er hat vier oder sechs Wochen bei mir gearbeitet, ich weiß es nicht mehr genau, dann sagt er: Ich kündige. Ich sag: Warum? Dann sagt er: Naja, der Kofi verdient viel mehr als ich. Kofi war der Spüler.“ Das Publikum lachte. Rach bedankte sich für Mälzers Worte, lobte die Gastronomie, ihre großartige Entwicklung in Hamburg. „Ihr bietet den Tausenden von Menschen eine Flucht aus dem Alltag“ und macht Menschen glücklich. Zu Rachs Überraschung kam sogar der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach auf die Bühne, mit dem Rach den wöchentlichen Podcast „Bosbach und Rach – Die Wochentester“ produziert. Die Freude war groß, die Stimmung heiter, der Durst riesig.
Und so ging es direkt nach der Preisverleihung in den 23. Stock, zum Feiern, zum Speisen, zum Trinken, mit Blick auf das in der Nacht funkelnde Hamburg. DJ Frank Eichstädt legte dazu die besten Hits der 80er, 90er und 2000er auf. Ein genussvoller Abend, der nur durch die folgenden Sponsoren möglich war, ging zu Ende. Der Dank geht an Chefs Culinar, Hamburg Zanzibar, Lloyd Caffee, May Design, HAK Foodeko, MINI Hamburg, Lemonaid, Magnus, Westfield, Vineyard, Ratsherrn, Open Mouth, Nordevent, 1664 Blanc.
Genuss-Guide der SZENE HAMBURG Essen + Trinken
Der Genuss-Guide von der SZENE HAMBURG Essen +Trinken gilt als wichtigste Informationsquelle für alle, die wissen wollen, wo man in Hamburg gut essen und trinken kann. Knapp 100 Tester prüfen in über 750 Restaurants, Cafés und Bars die Qualität der Speisen und Getränke, den Service und das Ambiente – anonym, kritisch, unabhängig. Ein von der Genuss-Guide-Redaktion aufwendig recherchierter und produzierter Magazin-Teil informiert zudem über Neueröffnungen, Tipps & Trends, aktuelle Themen der Branche und berichtet über das, was die Gastroszene aktuell bewegt.
In allen Kategorien (Asien, Spanien, Frankreich, Portugal, Griechenland, Italien, Indien, International, Orient, Heimatküche, Veggie & Vegan, Fisch, Fleisch, Gourmet, Szene-Läden, Umland) werden Testsieger ermittelt. Wer gewonnen hat, wurde am Abend der Gala verkündet und kann in der neuen Ausgabe des Genuss-Guide nachgelesen werden, die ab 24. April im Kiosk oder digital im iKiosk erhältlich ist. Auch online auf dem Genuss-Guide gibt es eine Übersicht der Preisträger.