Personalmangel und steigende Kosten in fast allen Bereichen: Die angespannte Lage für Gastronominnen und Gastronomen ist bekannt. Sie können die Preise nicht senken, sich aber den Ausfall der Kundschaft noch viel weniger leisten. Die Branche reagiert mit verschiedenen, meist unkonventionellen Ideen auf dieses Dilemma – so hat zum Beispiel der Imbiss Grillmill in Tonndorf einen Sonderpreis für einige seiner Gäste.
Auch in der Sterne-Gastronomie tut sich etwas. Das mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnete 100/200 hat die Aktion unter dem Titel „Pure Vernunft darf niemals siegen“ auf der Website ihres Restaurants angekündigt. Seit Mitte April und noch bis Ende des Jahres gibt es das Acht-Gänge-Menü fürs Kollegium aus der Branche für 100 Euro, mit Getränkebegleitung sind es 200. Regulär kostet das Menü ohne Getränke 230 Euro.
Von Gastronomen für Gastronomen
Pure Vernunft mag das Ganze tatsächlich nicht sein: Denn rechnen würde sich das Angebot aus ökonomischer Sicht überhaupt nicht, wenn der Wareneinsatz bereits bei 100 Euro liege. Doch darum geht es der Gastronomin und Sommelière Sophie Lehmann auch nicht. „Das hatte keine rationalen Beweggründe. Da schlägt das Gastronomenherz, das sagt, wir brauchen alle immer mal wieder Inspiration und ein schönes Miteinander. Unser regelmäßiger Austausch mit Kollegen aus der Branche zeigt, dass wir uns in einer absoluten Negativspirale befinden. Da ist zwar was dran, aber wenn man immer nur über das Schlechte spricht, verliert man die Motivation. Daher wollen wir die Leidenschaft füttern und Gastronomie erlebbar machen”, sagt sie. Wer den Rabatt in Anspruch nehmen möchte, kann per Mail oder über Instagram reservieren. Sophie Lehmann und Thomas Imbusch wollen wissen, wer die Gäste sind, was sie machen und warum sie bei ihnen essen wollen – dann gibt’s einen Rabattcode.
Bereits jetzt spüren die beiden, dass das Angebot gut ankommt. „Gerade erst hatten wir zwölf Gastronomen zu Besuch, die sich zusammengeschlossen und die Rabattaktion gemeinsam in Anspruch genommen haben. Grundsätzlich haben sich viele aus den unterschiedlichsten Bereichen von Hotellerie über Sternegastronomie bis zum Landgasthof gemeldet, die vorbeikommen wollen oder uns schöne Rückmeldungen zur Aktion gegeben haben“, so die Inhaberin. Einige Gäste hätten sogar vorgeschlagen, ein Spendenkonto zu eröffnen, damit noch mehr junge Menschen in den Genuss der Sternegastronomie kommen können. Umgesetzt hat das das Gastronomenpaar diese Idee allerdings noch nicht.