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VIP-Dinner

Is(s)t Hamburg noch bezahlbar? 

Erst kam Corona, dann der Krieg gegen die Ukraine. Es fehlt an Rohstoffen, Lieferungen verzögern sich, die Preise explodieren. Is(s)t Hamburg noch bezahlbar? Im Talk mit unseren VIP-Testern aus Kultur, Wirtschaft, Politik und Medien 

27. Juni 2022

Moderator Markus Tirok (von links) diskutiert mit den Hamburger Gastronomen Hannes Schröder, Sophia Behr, Stephanie Döring und Fabio Haebel in der alten Gleishalle an der Hobenköök / ©Johanna Zobel
Moderator Markus Tirok (von links) diskutiert mit den Hamburger Gastronomen Hannes Schröder, Sophia Behr, Stephanie Döring und Fabio Haebel in der alten Gleishalle an der Hobenköök / ©Johanna Zobel

Die Sonne wirft noch wärmende Feierabendstrahlen durch das Glasdach der Gleishalle an der Hobenköök, als vier Top-Gastronomen von Moderator Markus Tirok auf die Bühne gebeten werden. Zusammen mit Sophia Behr (eisundsalzig), Stephanie Döring (Weinladen St. Pauli), Hannes Schröder (Küchenfreunde, Botanic District, Was Wir Wirklich Lieben) und Fabio Haebel (haebel, XO, bægeri, Circus) wollen wir über das Thema sprechen, das derzeit die Menschen auf der ganzen Welt umtreibt: Inflation und Preissteigerungen, bedingt durch Corona, Krieg, Stau auf den Weltmeeren und Ernteausfälle.

Dass Moderator Markus Tirok allerdings mit seiner ersten Frage gleich in ein Wespennest sticht, konnte er nicht ahnen. Passend zum Sommer und der Talkgästin Sophia Behr, die in ihrem Restaurant eisundsalzig auch eine Eiswerkstatt betreibt, will er wissen: Was darf eigentlich eine Kugel Eis kosten? Sie wird an diesem Abend zum Sinnbild von Qualität, Wertschätzung und einer modernen Gastronomie.

Die Eis-Diskussion

Fabio Haebel lacht. „Das ist tatsächlich die älteste Diskussion in der Gastronomie“, sagt er. „Du kannst die Uhr danach stellen. ,Das Eis kostet jetzt drei Mark fünfzig!!!‘ Das ist traurig. Es wird für jedes Mineralwasser mehr gezahlt.“ Er dagegen würde nahezu jeden Preis für ein sensationelles Eis auf den Tisch legen. Schließlich ginge es nicht nur um die Qualität, sondern auch um das Handwerk.
Stephanie Döring reist kurz zurück in die Kindheit, damals, als gefühlt alle Eisläden noch Venezia hießen. „Heute könnte ich dort nie wieder ein Eis essen“, sagt sie. „Das ist wie mit richtig gutem Wein oder gutem Kaffee: Wenn man den einmal genossen hat, kann man nie wieder zum Alten zurück.“
Das unterstreicht auch Hannes Schröder. „Es hat sich in den letzten Jahren viel getan. Die Bereitschaft der Menschen, Geld für gutes Essen auszugeben, hat sich deutlich erhöht.“ Doch er mahnt auch an: „Wir dürfen nicht vergessen, dass es eine zunehmende Zahl an Menschen gibt, die sich das Essen so nicht mehr leisten kann.“ Und genau darauf hat Sophia Behr ein Auge. Sie hat in ihrer Eiswerkstatt jetzt die Kinderkugel eingeführt und bekommt dafür von den rund 40 Gästen Applaus. „Es soll kein Kind am Laden vorbeigehen und die Eltern sagen, das ist zu teuer.“

Dennoch habe man nach vielen Überlegungen die Preise erhöhen müssen. „Bei uns kostet eine Kugel Eis jetzt zwischen 1,70 und 2 Euro. Wir haben jedoch wenig Kritik zu unserer Preiserhöhung erhalten ­– das ist tatsächlich recht ungewöhnlich“, sagt Sophia Behr. „Es ist eigentlich ein Witz, das müsste sehr viel teurer sein“, sagt dazu Fabio Haebel, es ginge auch um Wertschätzung. Ähnlich sieht das auch Hannes Schröder: „Man muss sich klar machen, wofür man Geld ausgibt, und wenn wir alle daran arbeiten, dass der Schwerpunkt auf der Ernährung liegen sollte, dann sitzen wir in einem Boot und dann geht’s auch in die richtige Richtung.“
Und für die soll dieser Abend heute ein Kompass sein. Wie gehen Hamburgs Gastronom:innen mit den steigenden Preisen um, mit welchen Corona-Nachwehen haben sie noch zu kämpfen und welche Herausforderungen müssen und können bewältigt werden? Die Gastro am Scheideweg: Droht jetzt schon die nächste Krise?

Es soll kein Kind am Laden vorbeigehen und die Eltern sagen: ,Das ist zu teuer’

Sophia Behr
Launige Begrüßung: SzeneHamburg-Geschäftsführer Tanya Kumst und Mathias Forkel / ©Johanna Zobel
Launige Begrüßung: SzeneHamburg-Geschäftsführer Tanya Kumst und Mathias Forkel / ©Johanna Zobel
Spannender und unterhaltsamer Talk beim VIP-Dinner in der Hobenköök / ©Johanna Zobel
Spannender und unterhaltsamer Talk beim VIP-Dinner in der Hobenköök / ©Johanna Zobel

Die Preissteigerungen

„Als Gastronom hat man die Angst im Nacken“, sagt Hannes Schröder. „Man merkt das an den eigenen Ausgaben und auch an den Unternehmensausgaben: Die Hamsterbäckchen sind einfach nicht groß genug“, sagt er. „Ich mache mir schon große Sorgen.“ Ähnlich auch Fabio Haebel: „Natürlich geht das alles nicht spurlos an uns vorüber.“ Die zum Teil horrenden Preissteigerungen auf Lieferantenseite könne man nicht einfach an die Gäste weitergeben. Die Lösung sei eine Mischkalkulation und die Deckungsbeitragsrechnung. „Wir gucken heute ganz genau, wie viel wir von einem Produkt verkaufen.“ Alle zwei Wochen werde eine Renner-oder-Penner-Analyse gemacht.“ Wenn ein Gericht nicht gut läuft, fliegt es raus. Es zählt wirklich jeder Cent.“
Und damit steckt nicht nur er in einer Zwickmühle. Wie er, wollen viele Gastronomen ihre Mitarbeiter anständig bezahlen und die fordern – zu Recht, wie Haebel betont – auch mehr Geld. „Wir gehen da auch so lange mit, wie wir können, aber wenn wir noch in zehn Jahren da sein wollen, müssen wir jetzt ganz genau aufpassen.“

Es zählt wirklich jeder Cent

Fabio Haebel

Das sieht auch Hannes Schröder so. „Hauptsache ist, dass der Gastronom versteht, wo sein Geld reinkommt“, sagt er. International sei vieles sehr viel teurer geworden, aber regionale Produkte hätten oft ihren Preis halten können. Die Preiserhöhungen würden gern dem Ukraine-Krieg in die Schuhe geschoben, so Schröder, aber das sei nicht ganz korrekt. „In der Pandemie haben sich die Preise nicht nach oben getraut; viele Produzenten sind auf ihren Waren sitzen geblieben, die Kosten sind alle gestiegen, und jetzt kommt alles auf einmal.“ Er ist sich sicher: „Zum Ende des Jahres wird sich alles relativieren.“ Seine Hoffnung sei aber auch, „dass sich das Verständnis für regionale Produkte nochmal ganz tiefer verankert“. Für die Gastronomen auf der Bühne ein klarer Vorteil: „Wenn man wie wir direkt bezieht, hat man gute Kurse.“

Die Flaschen-Krise

Die nützen Stephanie Döring nichts. Denn der Weinladen-Inhaberin fehlt es an Grundsätzlichem: Es gibt keine Flaschen. Während Corona wurde die Produktion heruntergefahren und ist noch nicht wieder in vollem Gange. Wie vielerorts fehle auch hier Personal, die wichtigsten Glashütten säßen zudem in der Ukraine. Für die Glasproduktion werde zudem Siliciumdioxid benötigt, welches wiederum aus Russland kommt. „Wir haben letzte Woche einen Wein bestellt, der in drei verschiedenen Flaschenformen abgefüllt wurde“, erzählt sie. Man sei zwar erst am Anfang, aber die Winzer seien schon jetzt verzweifelt. Teilweise könnten sie ihre großen Gewächse nicht abfüllen. Hinzu käme, dass an allen Enden Etiketten und Kartonagen fehlten und die Transportpreise stiegen. „Aktuell verkaufen wir ja noch, was wir auf Lager haben. Aber wenn wir jetzt neu bestellen, wird es schon über einen Euro mehr pro Flasche sein“, kündigt sie an. „Die Weinbranche hat einfach gepennt. Pfand ist immer noch kein Thema, und der Produzent darf noch in eigene Flaschen abfüllen. Das fällt uns jetzt komplett auf die Füße“, so Döring. Es müsste längst Einheitsflaschen geben.

Die Winzer sind schon jetzt verzweifelt

Stephanie Döring

Hier wird nun also eine ganze Branche gezwungen, sich neu aufzustellen. In anderen Ländern bereits gang und gäbe: Bag-in-Boxen und Wein aus Pouches, die man bereits von Kindergetränken her kennt. Die Beutel sind unzerbrechlich, platzsparend und besonders leicht. In Deutschland tue man sich damit allerdings schwer. Ähnlich wie mit dem „Probierschluck“. „Die Kunden wollen den Wein gern vorher probieren, bevor sie ihn kaufen“, erzählt Stephanie Döring. „Das muss ich bei der Preisgestaltung aber ja auch berücksichtigen.“ Sie mache das zwar gern, aber es ginge auch ein wenig um die Erwartungshaltung. „Ich geh ja auch nicht zu Fabio und sag: ,Lass mal kurz antesten und dann kannst du fertig kochen’.“

Vom Fach: Die Kaffeeröster Frederic Peters (links) und Argin Keshishian Namagerdi (Mitte) sowie Robert Peters von Rindchen‘s Weinkontor mit Szene-Hamburg Chefin Tanya Kumst und Chirurg Jan Nebendahl / ©Johanna Zobel
Vom Fach: Die Kaffeeröster Frederic Peters (links) und Argin Keshishian Namagerdi (Mitte) sowie Robert Peters von Rindchen‘s Weinkontor mit Szene-Hamburg Chefin Tanya Kumst und Chirurg Jan Nebendahl / ©Johanna Zobel
Kennt das Rampenlicht: Thalia-Theater-Chef Tom Till / ©Johanna Zobel
Kennt das Rampenlicht: Thalia-Theater-Chef Tom Till / ©Johanna Zobel
Paralympische Goldmedaillengewinnerin Edina Müller / ©Johanna Zobel
Paralympische Goldmedaillengewinnerin Edina Müller / ©Johanna Zobel
Schauspielerin, Autorin und Verlegerin Dayan Kodua mit Eheman Steffen Scherer / ©Johanna Zobel
Schauspielerin, Autorin und Verlegerin Dayan Kodua mit Eheman Steffen Scherer / ©Johanna Zobel
Moderatorin Anke Harnack / ©Johanna Zobel
Moderatorin Anke Harnack / ©Johanna Zobel

Dass die Branche aktuell noch auf der Nach-Corona-Welle surft, liegt auf der Hand. Die Restaurants sind voll, einen freien Tisch zu ergattern, ist nicht einfach. „Die Leute wollen wieder raus und sind auch bereit, dafür eben etwas mehr zu bezahlen. Die Bereitschaft ist gestiegen, für gute Produkte mehr Geld auszugeben“, ist sich Haebel sicher. Aber hat das die gehobene Gastronomie vielleicht exklusiv? Spielt Geld da keine Rolle?
„Oft sind die Unterschiede gar nicht so groß wie die meisten glauben. Es gibt in Hamburg wenig Restaurants im Sterne-Segment, die herausragend sind. Da ist das Pricing auch noch mal anders zu rechtfertigen. Thomas Imbusch hat im 100/200 gerade die Preise von 144 auf 200 Euro angehoben. Erst haben alle aufgeschrien, aber der Laden ist voller denn je“, erzählt Haebel. „Mag an zwei Sternen liegen, aber ich glaube, es liegt daran, dass er eines der abgefahrensten Erlebnisse dieser Stadt bietet.“ Die Gäste würden heute viel erwarten. „Man geht nicht nur einen Happs essen, sondern es muss auch ausgezeichnet sein.“ Und es ginge um Bindung, betont Stephanie Döring. „Die Menschen dahinter werden immer wichtiger. Man geht nicht ins XO, sondern zu Fabio. Und nicht ins 100/200, sondern zu Thomas.“

Als Gastronom hat man die Angst im Nacken

Hannes Schröder

Das Klopapier-Gate

Steigende Preise auf der einen Seite, leere Regale auf der anderen. Wie kommen die Gastronomen damit klar? „Wenn du sehr, sehr regional arbeitest, hast du die Probleme nicht“, betont Haebel und übt gleichzeitig Kritik an der Berichterstattung einiger Medien, allen voran das größte deutsche Boulevardblatt. Das schüre bekanntlich gern die Panik. „Würde es das Blatt mit den vier Buchstaben nicht geben, hätten wir das Problem mit dem Mehl, mit dem Speiseöl und auch mit den Konserven genauso wenig wie vor zwei Jahren mit dem Toilettenpapier“, ist auch Hannes Schröder überzeugt. Selbst wenn er dann doch mal bei einem größeren Händler einkaufen müsse, sei alles zu haben. „Die großen Paletten werden nur einfach nicht mehr nach vorn gestellt, weil die Leute sonst komplett durchdrehen“, so Schröder. „Das Problem ist einfach hausgemacht. Wenn jeder einfach nur verstehen würde, dass es diesem Land gut genug geht, dass hier keiner ohne Essen nach Hause geht, dann wäre das nie passiert. Die Leute haben gehortet und sie horten auch heute noch.“ Aus dem „Klopapier-Gate“ also nichts gelernt?

An dieser Stelle kann auch Hobenköök-Chef Thomas Sampl, der an diesem Abend für das Catering zuständig ist und als Zuhörer die Diskussion verfolgt, nicht mehr still bleiben. „Hier war nie ein Regal leer. Hier gibt es auch keine Inflation von acht Prozent“, betont er. „Die Sachen kosten das, was sie kosten müssen. Wer sich ehrlich regional ernährt, der wird keine großen Engpässe haben. Man gibt im Normalfall bislang einfach nur viel zu wenig Geld für gute Lebensmittel aus.“

Pefekter Zwischengang: Kümmel von Helbing /©Johanna Zobel
Pefekter Zwischengang: Kümmel von Helbing /©Johanna Zobel
Hamburger Original: Helbing / ©Johanna Zobel
Hamburger Original: Helbing / ©Johanna Zobel
Gesunde Sache: Essen von der Hobenköök / ©Johanna Zobel
Gesunde Sache: Essen von der Hobenköök / ©Johanna Zobel

Die Personalnot

Seit in der Pandemie dem Gastgewerbe die Mitarbeiter davongelaufen sind, leidet die Branche unter akutem Personalmangel. „Im Service ist der Markt komplett leer gefegt“, bedauert Sophia Behr. Die Köchin hat in ihrem Restaurant den Service mittlerweile selbst übernommen, weil einfach kein Personal zu finden sei. Außerdem habe sie sich der Berliner Initiative #proudtokellner angeschlossen. Diese will den Kellnerberuf wieder attraktiver machen.

Auch für Hannes Schröder ist es noch immer das mit Abstand größte Problem. Seine Lösung: „Wir werden massiv den Service runterfahren müssen: Das heißt, es wird nicht mehr an den Tischen abgerechnet, vor allem zum Lunch werden wir die Bestellung digitalisieren.“ Er müsse seine Mitarbeiter schützen. „Es tut mir in der Seele weh, wie unsere wirklich extrem guten Leute gerade alles auffangen müssen. Sie sind die Leidtragenden, die die Schichten auffangen müssen, die ich nicht in der Lage bin zu besetzen. Das geht so nicht mehr.“ Dass sich Gäste beschwerten, ärgere ihn massiv. „Da gibt ein Team alles, aber es wird so massiv gedrückt und alles muss schnell gehen, da würde ich mir mehr Rücksicht wünschen.“

Als einer der wenigen in der Branche ist Fabio Haebel zumindest im Service gut aufgestellt. Er habe keine Mitarbeiter in der Pandemie verloren, allerdings fehlen ihm speziell Fachkräfte wie Sommeliers oder Baristas. Gerade hat er vier geflüchtete Ukrainer:innen angestellt, die in einer Intensivausbildung im foodlab für die Gastro fit gemacht wurden. „Das sind Wege, die wir gehen müssen“, betont er. „Ich bin sehr dankbar dafür. Es kommt immer ein Trottel rein, der sich beschwert, auf Englisch bedient zu werden. Dann: raus! Wenn du das nicht verstanden hast 2022, dann hast du hier nichts verloren.“ Was er sich aber nicht mehr leisten könne, sei, jemanden auf Verdacht einzustellen. „Ich hatte immer ein Back-up, wenn jemand ausfällt. Wir sind hier gerade immer auf Messers Schneide, und das macht mir Sorge.“

Argin Keshishian Namagerdi, Chef der Public Coffee Roasters und ebenfalls Gast an diesem Abend, hat dafür vollstes Verständnis: „Wir sitzen alle im selben Boot: Viele Leute, die sehr viel Spaß in der Gastro hatten, haben den Glauben an die Branche verloren.“ Seine Idee: „Wir überlegen, für die Mitarbeiter einen Ruhetag einzuführen. Wir wollen zeigen: Wir sehen, was ihr leistet. Auch wenn es schmerzt: Wir führen den Ruhetag ein, damit ihr euch erholen könnt und nicht komplett verschleißt.“ Anerkennende Worte gibt es dazu auch von Hannes Schröder: „Wir müssen die Branche revolutionieren. Es ist Zeit, richtig kreativ zu werden. Ich bin guter Dinge, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Fragt nach: Yvonne Kurkowski, die mit Planetariums-Direktor Thomas W. Kraupe gekommen war / ©Johanna Zobel
Fragt nach: Yvonne Kurkowski, die mit Planetariums-Direktor Thomas W. Kraupe gekommen war / ©Johanna Zobel

Is(s)t Hamburg noch bezahlbar?

Bei der letzten Frage sind sich alle einig: Ja! „Wir müssen nur darauf aufpassen, dass wir nicht die Menschen abhängen, die eh schon sehr sehr wenig haben“, so Haebel, der von einem Fall in der eigenen Unternehmensgruppe erzählt. Die Eltern beziehen Sozialhilfe, der 16-jährige Sohn jobbt für seinen Führerschein, und der Verdienst werde nun angerechnet. „Wenn wir so mit Menschen in Armut umgehen, ist Hamburg zu teuer. Im europaweiten Vergleich aber nicht.“ Kein Wunder, dass er in seiner bægeri den „suspended coffee“ eingeführt hat: Wer will, zahlt einen Kaffee mehr, und der wird an Menschen ausgegeben, die ihn sich sonst nicht leisten könnten.

Stephanie Döring setzt aufs grandiose Netzwerk, das die Branche hier in Hamburg pflege. Ihr Traum: „In Japan gibt es Locations, die werden 24 Stunden lang bespielt: Morgens gibt es da ein Café, nachmittags den Weinladen und nachts den Club. In Hamburg haben wir die Chance dazu und das Netzwerk. So stark gibt es das in keiner anderen Stadt. Also könnten wir sowas hier doch auch mal angehen.“ Sophia Behr sieht noch ein bisschen Spielraum und appelliert an alle Gastro-Kollegen, weiter fair zu kalkulieren. Das gehe vor allem, wenn man die Regionalität weiter in den Fokus rückt, so Schröder, für den es ein hartes Brot sei, als Letzter in so einer grandiosen Runde antworten zu müssen. „Hamburg ist Vorreiter, wir sollten an uns glauben und stolz auf uns sein. Und wenn wir fair bleiben, wird das alles gut ausgehen.“

Alice von der Laden, Katharina Stertzenbach und Ilona Lütje