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Nachhaltigkeitswochen

Winterküche zum Mitmachen

Am 6. Februar kochte Matthias Gfrörer gemeinsam mit 14 Teilnehmern in EllisKüche ein vegetarisches Wintermenü – neben cleveren Tipps, Tricks und gemeinsamem Genießen gab es auch Gespräche über eine grüne Zukunft

13. Februar 2025 von Alina Fedorova

Matthias Gfrörer setzte beim Kochkurs Wintergemüse in Szene / ©Johanna Zobel
Matthias Gfrörer setzte beim Kochkurs Wintergemüse in Szene / ©Johanna Zobel

Gemeinsam kochen, genießen und das Bewusstsein für die Umwelt schärfen – für die Kochkurs-Reihe mit den Nachschlag-Preisträgern im Zuge der Genuss-Guide-Nachhaltigkeitswochen 2025 hätte es wohl kaum eine passendere Location geben können. In EllisKüche in Barmbek fühlt man sich direkt wohl. Das Studio von Food-Stylistin Elli Neubert besitzt eine türkise Küche sowie Holztische und Holzstühle. In offenen Regalen stapeln sich Teller, Tassen und Schüsseln, während die mit frischen Tulpen dekorierte Tafel für einen Hauch Frühling mitten im Winter sorgt. „Essen ist Emotion. Ich liebe es, wenn ein Gericht Kindheitserinnerungen aufflammen lässt oder mich an Orte zurückbringt, an denen ich mich wohlgefühlt habe“, sagte Neubert dem Genuss-Guide im Interview. Das trifft auch an diesem Abend zu.

Am 6. Februar schlug Matthias GfrörerNachschlag-Gewinner 2022, mit seiner nachhaltigen Heimatküche eine Brücke zwischen wohligen Kindheitserinnerungen und überraschenden Momenten. In der Gutsküche Wulksfelde setzt er auf regionale und saisonale Küche. An diesem Abend zeigte er, wie man Wintergemüse zubereitet – ohne viel Chichi, dafür mit durchdachten Handgriffen und cleveren Tipps.

Kochkurs mit Matthias Gfrörer: kreative Veggie-Küche im Winter

Als die Teilnehmer kurz vor 18 Uhr eintrudeln, sind einige Vorbereitungen des vegetarischen Drei-Gänge-Menüs bereits getroffen: Der Spitzkohl gart seit einer Stunde im Ofen, die Soßen sind bereit für den letzten Feinschliff, die Aperitivo-Bar ist eröffnet. 

Runde Sache: Die Reisbällchen wurden gerollt und frittiert / ©Johanna Zobel
Runde Sache: Die Reisbällchen wurden gerollt und frittiert / ©Johanna Zobel
Frisch vom Hof: Obst und Gemüse kamen in EllisKüche zum Einsatz / ©Johanna Zobel
Frisch vom Hof: Obst und Gemüse kamen in EllisKüche zum Einsatz / ©Johanna Zobel
Schnippeln gehörte beim Kochkurs auch dazu / ©Johanna Zobel
Schnippeln gehörte beim Kochkurs auch dazu / ©Johanna Zobel
Vorsicht heiß! Das Dessert wurde flambiert / ©Johanna Zobel
Vorsicht heiß! Das Dessert wurde flambiert / ©Johanna Zobel
Die Granatapfelkerne waren aromatisch-süß / ©Johanna Zobel
Die Granatapfelkerne waren aromatisch-süß / ©Johanna Zobel
Mit Konzentration dabei: die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Kochkurs / ©Johanna Zobel
Mit Konzentration dabei: die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Kochkurs / ©Johanna Zobel
Beim Kochkurs kam der Genuss nicht zu kurz / ©Johanna Zobel
Beim Kochkurs kam der Genuss nicht zu kurz / ©Johanna Zobel
Anpacken: Beim Kochkurs war Fingerspitzengefühl gefragt / ©Johanna Zobel
Anpacken: Beim Kochkurs war Fingerspitzengefühl gefragt / ©Johanna Zobel

Auf der Kochinsel liegen die Protagonisten des Abends: darunter gelbe, rote und orangene Möhren, Schwarzwurzeln, Rosenkohl, Äpfel, Rote Bete, Granatäpfel und Sellerie. Unter den Kursteilnehmern befindet sich eine Stammgästin der Gutsküche, drei Freundinnen, die den Kochkurs zur Geburtstagsfeier umwandeln, und ein Ehepaar. 

Es geht heute darum, die Naturprodukte nicht zu überkochen und zu überdecken. Stattdessen wollen wir ihren Eigengeschmack herauskitzeln

Matthias Gfrörer

Bevor es ans Eingemachte geht, legen sie Schürzen an, waschen ihre Hände und lauschen bei einem Glas Aperol Spritz der Begrüßungsrede von Gfrörer: „Es geht heute darum, die Naturprodukte nicht zu überkochen und zu überdecken“, erklärt Gfrörer. „Stattdessen wollen wir ihren Eigengeschmack herauskitzeln und mit kleinen Tricks das Beste aus den natürlichen Zutaten herausholen.“ Nun heißt es für alle: Ran ans Gemüse!

Wintergemüse neu gedacht: Spitzkohl-Caesar-Salad trifft Bergkäse-Arancini

Zum Auftakt steht ein winterlicher Caesar Salad auf dem Plan. Die klassische Variante mit Blattsalat im Winter sei ökologisch gesehen ein Desaster, so Gfrörer. Daher gibt es eine Version mit Gemüse der Saison: Der Kohl schmort lange im eigenen Saft, bis er so zart ist, dass er in sich zusammenfällt. „Ich nenne das kollabierten Kohl“, scherzt Gfrörer. Währenddessen rollt ein Teilnehmer bei der „Aktion Arancini“ die Reisbällchen, ein anderer paniert, der nächste frittiert – Teamwork in der Küche.

Zwei Teilnehmer drapieren die Bestandteile auf den Tellern. Fertig ist die Vorspeise! Am Tisch wird Wein ausgeschenkt und die ersten Bissen probiert. Stille. Es schmeckt. Dann wird es lauter. Anfängliche Hemmungen sind gefallen, die Gespräche fließen.

Schon der erste Gang überzeugte die Teilnehmer / ©Johanna Zobel
Schon der erste Gang überzeugte die Teilnehmer / ©Johanna Zobel

Winter-Mezze: Gemüse satt und „sexy“ Risotto

Weiter geht es mit der Hauptspeise: Eine Teilnehmerin viertelt den Rosenkohl und reicht ihn zum Schwenken in der Pfanne weiter. Nebenan köchelt die Gemüse-Jus. Als diese fast überläuft, springt Gfrörer dazwischen, während er weiterhin Fragen beantwortet. Statt mit Parmesan wird das rot-pinke Risotto mit Hüttenkäse verfeinert – „schmeckt nicht nur, sondern sieht auch sexy aus“, findet Gfrörer, der noch einen Tipp parat hat: „Ich nehme lieber Gerste als Reis, weil der auch am nächsten Tag noch Spaß macht.“ Ein klassisches Risotto sei toll, werde aber schnell pappig. Sein Risotto aus Gerstengraupen bleibe hingegen kernig und bekomme durch malzige Aromen eine eigene Tiefe. 

Auch die oft verschmähte Schwarzwurzel habe zu Unrecht einen schlechten Ruf, findet Gfrörer. Sie werde oftmals total verkocht und habe somit „kein Gesicht und nichts Gutes mehr übrig“. „Die Bitterstoffe in der Schale sind das Beste der Schwarzwurzel. Und wir ballern das alles runter, schmeißen sie in Essigwasser und kochen sie in Mehlschwitze“, sagt Gfrörer. Sein Tipp: Mit einer groben Bürste schrubben. „Wenn sie aussieht wie eine Birke im Wald, dann ist sie fertig.“ Die Schüsseln und Schalen mit den in frühlingshaftem rot, grün und pinken Gerichten kommen auf den Tisch, der Crémant knallt. Besonderes Highlight: Der in Asche gereifte Ziegenkäse.

Dessert mit Ausblick: Fliedersuppe, Vanillegrieß und Diskussionen

Beim Finale des Drei-Gänge-Menüs geht es heiß her. Gfrörer zückt den Flambierer und heizt damit dem mit Zucker bedeckten Vanillegrieß ein – eine Teilnehmerin vollendet die karamellisierte Kruste. Dazu kocht die süße Fliederbeersuppe im Topf, dessen Duft Kindheitserinnerungen weckt: „Das hat meine Oma immer für uns gemacht“, schwärmt eine Teilnehmerin. Grieß und Suppe landen in weißen Tellern, Gfrörer wischt mit einem Tuch hinterher und entfernt rote Spritzer vom Tellerrand. Das Auge isst eben mit. 

Gfrörer kommt zu Tisch: „Wir haben nur noch Monokulturen“, kritisiert er und erklärt, dass der Boden durch einseitige Landwirtschaft auslaugt. Es fange bei jedem Einzelnen bei dem Einkauf an: „Unsere Massentierhaltung läuft wie ein Hamsterrad weiter. Aber wir können etwas tun: Indem wir bewusster und regionaler einkaufen.“ Die Natur habe die Möglichkeit, sich zu regenerieren. „Wir müssen sie nur in Ruhe lassen.“

Während die Kerzen herunterbrennen, klingen die Gespräche nach. Die Teilnehmer sind satt, zufrieden – und vielleicht ein Stück weit bewusster. Nachhaltigkeit ist an diesem Abend nicht bloß Theorie geblieben, sondern wurde konkret und erlebbar. Die Teilnehmer gehen vielleicht mit dem Vorsatz, mehr regional einzukaufen. Vielleicht mit dem Plan, Gfrörers Gerstenrisotto nachzukochen. Sicher aber mit dem Wissen: Nachhaltigkeit beginnt auf dem Teller.


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Ob Phở Bo oder Ramen: Asiatische Nudelsuppen könnte Alina Fedorova zu jeder Jahres- und Tageszeit schlürfen. Lange Zeit in der Gastro tätig, hat sie Tablett gegen Tastatur getauscht und schreibt jetzt über Hamburgs Gastro-Szene. Oft steht sie selbst hinterm Herd und kocht Rezepte aus aller Welt.