Hamburg erhielt das Marktrecht bereits im Jahr 962 aus der Hand des Erzbischofs Adaldag. Eine formelle Urkunde aus dieser Zeit ist zwar nicht überliefert, es wird aber davon ausgegangen, dass schon zu Zeiten des Erzbischofs von Hamburg und Bremen, Ansgar von Bremen (801–865), Märkte abgehalten wurden. Doch sollte es noch viele Jahrhunderte dauern, bis in Hamburg ein Markt für Obst und Gemüse entstand, der mit dem heutigen zu vergleichen ist. Aber von vorne: Dort, wo heute das Rathaus steht, schob sich eine Landzunge in die Elbe. Dahinter lag ein Geestplateau zwischen Elbe und Alster. Und genau hier, am heutigen Domplatz am Speersort, stand einst im frühen 9. Jahrhundert eine Befestigungsanlage, die Hammaburg. Am Fuße jener Burg und am Ufer der Elbe befand sich der erste Markt der heutigen Stadt Hamburg: der Fischmarkt. Hier wurde namensgebend Fisch verkauft, aber auch Obst und Gemüse standen zur Auswahl. Da sich Städter im Gegensatz zur Landbevölkerung nicht selbst mit eigenem Anbau versorgen konnten, war der Handel mit Obst und Gemüse aus dem Umland wichtig. Gemüsebauern schafften ihre Ernte aus den Gegenden elbaufwärts und elbabwärts per Schiff in die Stadt. Dort heuerten sie Ausrufer an, die durch die Straßen schrien, was es wo zu kaufen gab. Da der Platz am Fischmarkt für die wachsende Bevölkerung schnell zu klein wurde, verteilten sich die Händler in die umliegenden Straßen und stellten sich nach und nach einfach dorthin, wo Leute waren. Der Handel ging oft schleppend vonstatten und war sehr langwierig: Ehe all die Körbe mit Kirschen, Erdbeeren und Bohnen verkauft waren, ging manche Stunde ins Land. Deshalb bürgerte es sich langsam ein, dass die Bauern mit ihrer Ware an bestimmte Plätze gingen: Das waren der Hopfenmarkt und der Meßberg.
Der Hamburger Hopfenmarkt
Schon in einem Reisetagebuch von 1674 heißt es über den Hopfenmarkt: „Da sihet man das schönste Ochsen-, Schafs-, Lamm- und Schweinefleisch, eine unzählige Menge von Kalekunen (Truthähnen), Gänsen, Hasen, Ferkielen, kleinen und großen Vögeln, als Andten, Tauben, Schnepfen und andere, wie auch allerley Küchen-Kräuter und Garten-Früchte …“ Als besonders versierte Verkäufer taten sich damals die Vierländer hervor: Sie verstanden es, ihre Körbe mit Erdbeeren so herzurichten, dass immer die großen und leckeren Früchte oben lagen und lockten. Dazu benutzen sie einen alten Messingstab. Vor allem jedoch beherrschten sie die Kunst des Ausschüttens. Wenn sie einen Korb in die Waage schütteten, polterten immer nur die kleinen Erdbeeren von unten in die Schale, während die großen im Korb blieben und mit dem Messingstab wieder nach oben geholt wurden.
Bis ins 13. Jahrhundert wuchs die Zahl der Marktbetreiber auf dem Hopfenmarkt stetig an. Bis zu 60 Marktbuden versorgten die Bewohner mit diversen Lebensmitteln auf dem zweimal täglich stattfindenden Markt. Im 14. Jahrhundert erhielt der Markt seinen heutigen Namen dadurch, dass sich vermehrt Bierbrauer mit ihrem Hopfenbedarf dort eindeckten. Auch Kohl, zu der Zeit das Hauptnahrungsmittel der Nord deutschen, und Zwiebeln, von den Hamburgern „Zippeln“ genannt, wurden auf den Märkten der Stadt feilgeboten. Heute nicht mehr wegzudenken, damals ver hasst: der Zwischenhandel. Im alten Hamburg wurden Einzelhändler Höker genannt. Sie gingen auf den Markt, kauften viel ein und verhökerten es anschließend mit Aufpreis an Hausfrauen. Eine Tätigkeit, die von der Bevölkerung verachtet wurde. Die Mehrheit der Hamburger sah den Zwischenhandel als „preisverteuernd“ an und lehnte ihn ab. Zwischen 1696 und 1721 musste der Verbraucher per Gesetz beim Erzeuger kaufen. Die Hamburger sahen damals keinen Vorteil im Zwischenhandel. Vom 14. bis 16. Jahrhundert gelten laut Marktverordnungen strenge Vorschriften gegen den Vorkauf von Waren und den „unnötigen Zwischenhandel“, die sogenannte „Vorhökerei“. So sollte eine unnötige Teuerung der Waren verhindert werden. Höker durften Geflügel, Butter, Eier und andere Esswaren erst nach dem Vormittagsmarkt verkaufen. Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein war es den Hamburger Bürgern verboten, Waren über Zwischenhändler zu beziehen.
Die Einführung des Zwischenhandels
Das änderte sich 1823, als Senator Abendroth den Zwischenhandel in Hamburg einführte. Die Gemüsebauern fanden inzwischen Gefallen an den Grünhökern, also den Einzelhandelskaufleuten für Gemüse, weil sie ihre Waren wesentlich schneller loswurden und sie selbst weiter auf dem Feld arbeiten konnten. Und die Bevölkerung schätzte die Höker, da diese ihnen den Weg zum Markt und die Warterei ersparten. Nach dem großen Stadtbrand im Mai des Jahres 1842, der große Teile der Altstadt zerstörte, standen die Stadtverantwortlichen vor der Herausforderung, den Handel der Bauern neu zu organisieren. Die vorher auf dem Fischmarkt ansässigen Obst und Gemüseverkäufer mussten auf den Hopfenmarkt umziehen. Dieser wuchs zu neuer Größe und etablierte sich fortan als angestammter Frucht und Gemüsemarkt. Es gab 319 Verkaufsstände, von denen jeder pro Tag 8 Pfennig Miete kostete. Zum Vergleich: 1884 verdienten Männer circa 2,40 Mark am Tag für zwölf Stunden. Neben den bäuerlichen Anbauprodukten wurden schon bald auch Fleisch und Fisch feilgeboten. Das Angebot wuchs, je höher die Nachfrage war. Mehr und mehr verschwanden die Erzeuger zugunsten gewerblicher Wiederverkäufer. Sie kauften Waren aus dem Hamburger Umland und verkauften. Auch die Funktion des Kaufmannes wandelte sich: Er wohnte nun in einem Haus oder einer Villa in den Vororten, seine Geschäfte wickelte er im Kontor ab, seine Waren lagerten in der Speicherstadt. 1880 war der Hopfenmarkt bereits ein ziemlich moderner Markt für Groß- und Zwischenhandel. Das Problem: das immense Wachstum. Anders als andere Großstädte hatte Hamburg seine Märkte nicht in einer großen Markthalle zusammengezogen. Das Markttreiben quoll in die umliegenden Straßen hinein, wo die Händler breitere Buden eröffneten. 1889 baute man die Fleischstände ab, um mehr Platz für Obst und Gemüse zu schaffen. Zudem fanden Erweiterungen in Form einer Unterkellerung der Marktfläche statt. Auf 5000 Quadratmetern Standfläche tummelten sich jetzt 659 Verkaufsstände, nach und nach wurden weitere 1500 Quadratmeter mit Buden überzogen. Fünf Jahre später wurden keine neuen Verkaufsstände mehr zugelassen und die hinzukommenden Händler stattdessen zum Meßberg verwiesen. Der dortige Marktplatz war zwar schon lange ein Hauptverkaufsplatz für die Bardowicker und Vierländer Erzeuger, konnte sich aber wegen des lebhaften Fuhr- und Straßenbahnverkehrs in seiner Bedeutung nie mit dem Hopfenmarkt messen. Doch man musste feststellen: Die Grenzen des Hamburger Marktlebens waren erreicht.
1911 war schließlich Ende für die Märkte am Hopfenmarkt und Meßberg. Stattdessen entschied der Hamburger Senat gemeinsam mit der Bürgerschaft, verschiedenen Interessengruppen und der Presse einstimmig über einen Zentralmarkt am Deichtor, an dem Wiederverkäufer Ware in großen Mengen vom Erzeuger kaufen konnten. Der neue Standort zwischen Meßberg, Deichtor und Oberhafenbrücke war als ehemaliges Bahnhofsgelände nicht nur wasser- und bahnnah, sondern verfügte außerdem über eine Gesamtfläche von 50.000 Quadratmetern, etwa das Zehnfache des Hopfenmarktes. So entwickelte sich der Großmarkt am Deichtor innerhalb der nächsten Jahrzehnte zum Umschlagplatz für die Millionenbevölkerung Hamburgs, Altonas, Wandsbeks und Harburgs sowie große Teile Norddeutschlands. Doch die Bevölkerung Hamburgs wuchs und damit die Nachfrage nach Lebensmitteln. Der Platz am Deichtor stellte sich schnell wieder als Problem dar. Wachsender Bedarf und erhöhtes Verkehrsaufkommen – rund 3500 Einkäufer und 1400 Anlieferungsfahrzeuge täglich – ließen das Treiben am Großmarkt an seine Grenzen kommen. Die Verkaufs- und Lagerfläche sowie die Parkplätze reichten nicht aus, die Kellerräume waren als Lagerungsstätte unzureichend isoliert und in den Kasematten unter dem Bahndamm mangelte es an Belüftung. Kurz: Der Markt hatte erhebliche Probleme.
Der Bau der heutigen Großmarkthalle
Nachdem Pläne geschmiedet und wieder verworfen wurden, tauchte 1946 im Zusammenhang mit den Plänen für den Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Stadtteils Hammerbrook die Idee auf, den Obst- und Gemüsemarkt dorthin zu verlegen. Das in Aussicht genommene Gelände zwischen Oberhafen und Amsinckstraße stellte sich als ideal heraus: Es liegt verkehrsgünstig und die geplante etwa 40.000 Quadratmeter große Halle auf der 27 Hektar großen Fläche ist groß genug für viele Marktbetreiber. Darum sprachen sich alle am Marktgeschehen beteiligten Berufsorganisationen und die Behörden für die Lösung Hammerbrook aus. Am 12. Juni 1953 wurde der Durchführungsplan von der Bürgerschaft verabschiedet und 1958 startet der Bau der neuen Großmarkthalle. Vier Jahre später, am 4. Juni 1962, eröffnete der damalige Bürgermeister Paul Nevermann offiziell die neue Großmarkthalle und die Aussteller und Händler zogen ins südliche Hammerbrook zwischen der damals neu angelegten Amsinckstraße und dem Oberhafen. Der Blumengroßmarkt zog auf das bisherige Großmarktgelände in den Deichtorhallen und die umliegende Gegend wurde zum Verkehrsknotenpunkt umgestaltet. „Durch die neue Großmarktanlage soll die einwandfreie Versorgung der Freien und Hansestadt Hamburg auf Jahrzehnte hinaus ermöglicht werden. Die Anlagen müssen erweiterungsfähig sein. Ihre Anordnung soll Spitzenleistungen bezüglich des Warenumschlags in kürzester Zeit und bei geringstem Aufwand gewährleisten. Alle neuzeitlichen Erkenntnisse der Hygiene, Technik und Organisation sind zu verwerten.“
Unter diesem Motto, das bereits 1953 von dem langjährigen Leiter des Hamburger Marktwesens Karl Chr. Stoll geprägt wurde, stehen Planung und Aufbau des neuen Obst- und Gemüsegroßmarkts in Hammerbrook. Um ein erneutes Platzproblem zu umgehen, wurde das Großmarktgelände 1979 durch den Kauf eines ehemaligen Geländes der deutschen Bundesbahn erweitert. So zog 1984 auch der Blumengroßmarkt aus den Deichtorhallen in ein neues Gebäude auf dem Großmarktgelände. Diese nun freien Deichtorhallen konnten einige Zeit später mit Mitteln aus der Körber-Stiftung saniert werden. 1989 wurden die renovierten Hallen als Kulturzentrum wiedereröffnet und stehen seit 2000 unter Denkmalschutz. Und nun, im Jahre 2022, wird der Großmarkt in Hammerbrook bereits 60 Jahre alt.