Axel Ohm, mit dem Überquell führst du auf St. Pauli eine Brauerei und eine Pizzeria. Die Besonderheit: der Dachgarten GreenPauli. Wie kam es dazu?
Axel Ohm: Die Idee stammt aus meinem früheren Leben in Südafrika. Dort habe ich zusammen mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in Townships Gemüse und Kräuter angebaut. Wir zeigten den Menschen und Bewohnern, wie man ein Stück Erde selber bewirtschaften kann. Mein Geschäftspartner Patrick Rüther hat damals auch viel Zeit in Südafrika verbracht. 2017 entschieden wir, hier am Hafen einzuziehen. Sofort war uns klar, dass der wertvollste Teil des Gebäudes und Grundstücks die Dachfläche ist. Von hier oben hast du einen Blick auf die Elbe, das Dockland und die Elbphilharmonie.
Viele hätten auf einer solchen Fläche etwas gemacht, das Profit bringt. Warum ihr nicht?
Patrick und ich sind nicht die Typen, die 80 Prozent der Zeit damit verbringen, über ihre Gewinne nachzudenken. Wir machen das, weil wir Bock drauf haben – nicht nur wegen des wirtschaftlichen Erfolgs. Wir stellen uns vielmehr den Herausforderungen des Lebens. Wir müssen Wirtschaftlichkeit haben, aber dieses Schneller-, Höher-, Weiter-Prinzip ist nicht das, was bei uns in der Mission steht. Das sind wir einfach nicht. Es liegt in unserer persönlichen DNA zu sagen: „Lass uns einen Raum schaffen, der nicht in Euros bewertet wird“.
Welches Gemüse und welche Kräuter baut ihr an?
Besonders wichtig ist eine Vielfalt an Kräutern, die man mit der Hand berühren kann und die sofort ihre ätherischen Öle freisetzen. Wir bauen außerdem unter anderem Salate an, Wasserkresse – und Kürbis, denn aus einer kleinen Blüte entsteht ein riesiger Kürbis, der nicht nur schön aussieht, sondern auch für Kinder spannend ist, da sie ihn in der Schulküche verwenden können. Im Überquell nutzen wir die Dinge, die wir bei uns definiert haben. Unser Brauer meinte einmal, er würde gern ein Alsterwasser mit Zitrone brauen – also haben wir kurze Zeit später Eisenkraut (Verbene) angepflanzt.
„Lass uns einen Raum schaffen, der nicht in Euros bewertet wird“
Axel Ohm
Wie viele Beete habt ihr?
Wir haben fast 40 Beete. Das allein deckt unsere Bedürfnisse nicht ganz, denn wir sind kein Hofbetrieb – auch wenn das natürlich ein Traum wäre. Trotzdem gehören wir zu den wenigen Restaurants in Deutschland, die es schaffen, auf dem Dach einen Teil ihrer Zutaten selbst aufzubauen.
Legen eure Gäste Wert auf Nachhaltigkeit?
Es ist nicht so, dass wir ständig überwältigt werden oder jeden Tag danach gefragt werden. Aber wir erzählen gerne, wo unsere Zutaten herkommen, und teilen die Geschichte unseres Green-Pauli-Dachgartens. Gleichzeitig wissen wir, dass nicht alle Gäste unbedingt die gesündeste Pizza der Welt suchen – sie wollen einfach eine gute Zeit haben.
Wann kam die Stiftung „Was tun“ mit dazu?
Vor zwei Jahren haben wir mit „Was tun“ die GreenPauli-Projektidee besprochen. Zu der Zeit waren wir schon relativ weit fortgeschritten und wir mussten alle gemeinsam anpacken. Alle aus der Stiftung, die sonst schon mal im Anzug unterwegs sind, standen hier in Gartenkleidung und packten mit an. Wenn man gemeinsam etwas bewegt, entsteht eine ganz andere Verbindung. Seitdem hat sich das Projekt rasant weiterentwickelt.
Wer kommt hier vorbei?
Hier treffen wirklich spannende Menschen aufeinander. Zum einen die Schüler, die außerhalb der Öffnungszeiten oben werkeln. Dann kommen Senioren und schlürfen Tee oder ernten Pfefferminze. An einem lauen Sommerabend ist mehr los als im kühlen frostigen Februar, aber es wird angenommen. Es ist schön, dass GreenPauli Menschen aus unterschiedlichen Altersklassen zusammenzubringt.

Haben alle Erfahrung mit dem Gärtnern?
Es ist keine Community von Leuten, die ihr ganzes Leben nur grüne Finger bewegt haben. Das finde ich auch gut! Das ist im Garten gegeben, das ist im Brew Pub gegeben, das ist an unserem langen Community-Tisch gegeben. Wir leben in einer Zeit, wo wir immer mehr Challenges haben, uns aber immer mehr in unsere Welten einigeln – weil wir so enttäuscht sind von vielen und vielem. Deshalb ist es so wichtig, Möglichkeiten zu schaffen, um Menschen zusammen zu bringen, den Dialog zu ermöglichen und auch positiv zu streiten – überhaupt Austausch stattfinden zu lassen.
Wie kam es dazu, dass auch Schülerinnen und Schüler Zugang zum Dachgarten haben?
Wir sind damals auf die Schule zugegangen und trafen auf einen extrem engagierten Lehrer. Ich glaube, man muss früh anfangen mit Kindern. In der Schule hat man die beste Möglichkeit, grundlegende Inhalte zu vermitteln. Wenn die Eltern das nicht so sehen, dann ist das natürlich schwierig. Aber Wissens- und Meinungsbildung ist wichtig.
Auch für Erwachsene ist bei euch etwas dabei: Ihr habt vor fünf Jahren die Beer Week mitbegründet. Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit hier?
Die Hamburg Beer Week (HHBW) hat sich zum Ziel gesetzt, regionaler und saisonaler zu werden. Daraus entstand im vergangenen Jahr die Zusammenarbeit mit der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA). Unser Beitrag zur Regionalität bei der Hamburg Beer Week zeigt sich in einem gemeinsam gebrauten Bier – einem weltweit einzigartigen Projekt, mit dem wir beweisen, dass wir auch regional können. So wächst das Verständnis – auch für andere Programme wie die Ernährungsstrategie.
Die Ernährungsstrategie wird in Hamburg gerade politisch vorangetrieben. Wo stehen wir da zurzeit und was erhoffst du dir von der Politik?
Erst mal ist es super, dass die Politik das Thema erkannt und aufgenommen hat. Das muss sie auch! Sie hat die Verantwortung, uns zu schützen. Die Warnungen der WHO sollten wir auch auf unseren eigenen Kulturkreis beziehen. Wir schaffen mit unserem Garten einen Zugang für Schüler. Meiner Meinung nach sollte es immer genügend Impulse geben. Einen davon setzen wir mit unserem Garten, indem wir Schülern einen direkten Zugang ermöglichen. Heute können wir sagen: Wir haben unsere Ziele erreicht und auch weitere Förderer gewonnen.
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