Laurenz Ortlieb, welchen Wert hat Nachhaltigkeit für euch und warum?
Einen sehr hohen. Da wir in mehreren Bereichen arbeiten, kommen wir immer wieder an verschiedensten Stellschrauben mit dem Thema in Kontakt. Bei unseren Bränden ist es uns zum Beispiel wichtig, mit Mostereien zu kooperieren, welche ihre Überproduktion nicht verarbeiten können. Davon haben wir einen Mehrwert: Wenn ein Apfel es im Supermarkt nicht in die Auslage schafft, können wir den umso besser nutzen, weil der aromatischer und süßer ist.
Oft wirkt es so, als sei Nachhaltigkeit für viele ein Trend, dem sie jetzt folgen müssen. Was tut ihr dafür, um wirklich nachhaltig zu sein?
Wir haben in der Destillerie einen Produktionsplan, damit wir genau wissen, wann wir wie viel abdestillieren. Da stellt sich die Frage, mit wem wir zusammenarbeiten, damit wir selbst kein Problem mit Überproduktion bekommen. Eines unser langfristigen Projekte ist außerdem ein Mehrwegsystem für die ganzen anfallenden Flaschen. Da können wir uns von fritz-kola, mit denen wir zusammenarbeiten, ein paar Ansätze abschauen.
Ihr vereint im Drilling drei verschiedene Gastrobetriebe: eine Bar, ein Café und eine Destillerie. Ist es in manchen Bereichen schwieriger, Nachhaltigkeit zu integrieren?
Ganz bestimmt bei unseren vielen Veranstaltungen. Man kann nie wirklich voraussehen, wie viel los ist. Deswegen beschäftige ich mich viel damit, wie wir organischen Abfall an der Bar wiederverwerten. Und damit die Bar minimalistischer einzurichten, Sachen zu hinterfragen: Ergibt bestimmte Deko überhaupt Sinn bei bestimmten Cocktails? Hat die einen Mehrwert oder sieht die einfach nur schön aus?
Wie funktioniert denn nachhaltiges Destillieren und worauf muss man dabei achten?
Der größte Punkt ist wahrscheinlich die Energie: Wir brauchen viel Wärme, um die Brennkessel auf Temperatur zu bringen. In unserem Fall ist das ganz gut gelöst, weil wir die elektrisch beheizen und erneuerbare Energien beziehen. Der zweite große Punkt sind die Rohstoffe. Wir haben den Vorteil, dass wir viel Botanik selbst machen: die Zitronenverbene, Korianderblätter, Salbei … Und wenn man beim Destillieren weitergeht, gibt es weitere Abfallprodukte, die anfallen. fritz-kola zum Beispiel versiegelt die Flaschen nachhaltig, da sind wir auch dran.
Was nutzt ihr denn gerade?
Jetzt gerade ist es Plastik. Damit haben die Korken einfach mehr Sicherheit, damit die Flaschen nicht auslaufen. Beim Whisky ist der Korken auch so ein Statussymbol. Dieses „Plop“ ist schwer wegzudenken. Aber auch da muss man Kompromisse finden. Im Endeffekt geht es ja um den Inhalt der Flasche. Wenn man eine Alternative wie Glaskorken hat, die nachhaltiger sind und das Produkt nicht beeinflussen, ist das eine Win-win-Situation. Flaschen bedrucken ist auch ein Thema.
Muss man da auf bestimmten Kleber und Papier achten?
Entweder man achtet darauf oder bedruckt die Flaschen direkt, zum Beispiel mit einem Offset-Druck – also einem papierlosen Stempel. Bei einigen unserer Produkte setzen wir das schon um. Der Trend ist steigend, bis man dann irgendwann komplett dazu übergeht.
Warum habt ihr euch für eine Kooperation mit fritz-kola entschieden? Und welche nachhaltigen Aspekte verfolgt ihr gemeinsam, abgesehen von den Getränken?
Der offensichtlichste Grund ist wohl, dass wir einfach beide Hamburger Originale sind, die geile Sachen in flüssiger Form in Flaschen bringen. Und es ist immer relevant, sich an langfristigen, wissenschaftsbasierten Lösungen für nachhaltigere Produkte zu orientieren. Ich habe mal gehört, dass Abfall eigentlich nur ein Leck an Kreativität ist. Und das finde ich einen ziemlich guten Satz, weil man keine Ausrede dafür finden darf, dass eine kurzfristige Lösung gerade passt. Danach richten wir uns beide aus.
Gibt es noch Bereiche, in denen ihr zukünftig nachhaltiger werden wollt oder wo ihr noch Potenzial seht?
Man kann überall mehr machen. In der Destillerie sind wir schon ziemlich fortschrittlich. Es geht jetzt darum, einen geschlossenen Kreis zu finden. Wir wollen uns von bestimmten Zutaten unabhängig machen, die man in der klassischen Barkultur viel braucht und mehr aus eigener Produktion machen. Das hat dann direkte Auswirkungen auf Lieferanten, da wir nicht so viele Sachen von verschiedenen Leuten beziehen müssen.
Wie kann man Nachhaltigkeit integrieren, wenn es um Mitarbeitende geht?
Ich glaube es ist sehr wichtig ist, dass man sich danach ausrichtet, wie die Leute im Unternehmen ticken und ein paar Benefits kreiert, die nicht nur gut auf dem Papier aussehen, sondern wirklich einen Beitrag dazu leisten, dass Leute Bock haben mitzumachen. Der Vorteil bei uns ist, dass sich jeder mit seinen Skills in verschiedenen Bereichen einbringen kann. Wenn jemand eine Idee hat, schauen wir gemeinsam, ob wir die umsetzen können. Wir wollen zum Beispiel einen eigenen Orangenlikör oder Triple Sec aus den ganzen organischen Schnittresten im Barbereich machen. Das kriegt man natürlich nicht von jetzt auf gleich hin. Da steckt so viel hinter: Wie lagert man den Likör, damit da keine Bakterien rankommen? Wie binden wir das in unseren Produktionsplan ein? Das ist ein Vorteil, dass man von so vielen Seiten Input bekommen kann.