Frau von Albedyll, welche Möglichkeiten gibt es in der Gastro- und Hotellerie-Branche?
Es gibt viele Aufstiegsmöglichkeiten, das macht die Branche so außergewöhnlich. Ich finde es faszinierend, dass man sich wirklich hocharbeiten kann – es gibt keine Grenzen. Das Besondere ist auch, dass der Aufstieg in dieser Branche ohne Fortbildungen klappt, vielmehr zählen die Einstellung, die Motivation und der unbedingte Wille nach oben zu kommen. Anders als im Handwerk braucht man keine Ausbildung, um sich selbstständig zu machen.
Welche Voraussetzungen braucht man stattdessen?
Es ist herausfordernd und kein leichtes Unterfangen einen gastronomischen Betrieb aufzumachen. Auch wenn die Eingangsvoraussetzungen zunächst gering sind: Man benötigt lediglich einen Gewerbeschein und eine Sachkundeprüfung bei der Handelskammer. Letztendlich erfordert es aber auch Geschäftssinn und Mut einen Betrieb aufzumachen. Den Betrieb zu eröffnen garantiert eben nicht, dass auch Gäste kommen. Es kommt auf das Angebot und die Küche an, aber auch auf die Freundlichkeit des Personals, den Standort und die Einrichtung.
Trotzdem wagen viele den Start in die Branche. Warum?
Wir haben kürzlich eine Umfrage bei Mitarbeitern durchgeführt. Alle sagen: „Der Job ist immer sehr abwechslungsreich – jeder Tag ist anders.“ Man hat außerdem die Möglichkeit international zu arbeiten.
Hat man nach der Ausbildung gute Chancen im Ausland zu arbeiten?
Die deutsche Ausbildung ist durch das duale System von Schule und Praxis weltweit gefragt. Andere Länder bieten teilweise nur die schulische Ausbildung an. Man lernt außerdem mit Menschen umzugehen, Menschen anzusprechen und auf sie zuzugehen.
Also ist die Branche nichts für schüchterne Menschen?
Doch, man wird die Schüchternheit dort auf jeden Fall überwinden.
Worin liegt der Schlüssel für Erfolg und Freude in der Gastronomie und Hotellerie?
Man muss Leidenschaft haben und Einsatzbereitschaft gehört dazu. Dann kommt es darauf an, in welchen Bereich man möchte. Im Servicebereich oder auch an der Rezeption muss man Menschen mögen. In allen Bereichen braucht es Teamgeist und Teamarbeit, das was viele Leute in der Branche so lieben.
Wie hilft der DEHOGA bei der Ausbildung?
Bei der Suche direkt helfen wir als Arbeitgeberverband nicht. Wir sind auf Ausbildungsmessen vertreten, um dort für die Branche zu werben. Mit dabei sind auch Betriebsinhaber, die manchmal ihre Auszubildenden mitbringen. Die Ansprache vom Auszubildenden zum Schüler ist da natürlich eine ganz andere. Zudem hat unser Bundesverband eine Ausbildungsseite, die ausführlich über alle Ausbildungsberufe informiert. (dehoga-ausbildung.de)
Mit Karriere-Werkstatt e. V. bieten Sie als Hamburger Verband dennoch eine Plattform zur Orientierung. Hier geben Sie mit dem Siegel „Top-Ausbildungsbetriebe“ auch Hinweise auf gute Ausbildungsplätze. Wer bewertet das?
Das Siegel gilt bundesweit und wird nach den Bewertungen der Auszubildenden vergeben. Ursprünglich wurde das Siegel vom Berliner Verband entwickelt und dann vom DEHOGA Bundesverband weiterentwickelt.
Wie viele Ausbildungsbetriebe in Hamburg tragen das Siegel?
Die Ausbildungsbetriebe müssen sich aktiv bei den Verfahren anmelden und sich dann der Bewertung stellen. Bisher wird das Angebot jedoch nur mäßig angenommen, meist auch nur von größeren Betrieben. In Hamburg sind etwa 30 Betriebe mit dem Siegel ausgezeichnet.
Woran erkennt man auch ohne Siegel einen guten Ausbildungsbetrieb?
Da kann man nur schwer direkte Kriterien benennen. Ausbildung ist etwas zum Teil sehr Subjektives, jeder hat da unterschiedliche Vorstellungen. Wenn ein Betrieb kein Siegel hat, spricht das nicht gegen ihn. Es lohnt sich, vorher einen Blick in den Betrieb zu werfen, etwa mit einem Praktikum. So hat man schon eine Vorstellung davon, wie es dort läuft – das verhindert auch, dass man im Zweifel abbricht oder einen neuen Betrieb suchen muss.
Passiert das denn häufig?
Ob jemand wechselt oder abbricht, wird in der Statistik nicht differenziert. Aber es kommt tatsächlich häufiger vor, als man denkt. Das liegt daran, dass die Erwartungen der jungen Menschen andere sind. Es ist ja schon auch herausfordernd in der Gastronomie zu arbeiten. An die Arbeitszeiten und die körperliche Arbeit, muss man sich als junger Mensch erst mal gewöhnen.
Zum 1. August 2022 trat die Neuordnung der Hotel- und Gastroberufe in Kraft. Sie soll sich dem „differenzierter, anspruchsvoller und digitaler gewordenen Arbeitsumfeld“ anpassen. Wie oft werden solche Änderungen vorgenommen?
Die letzte Verordnung ist 1998 in Kraft getreten. In den 24 Jahren ist natürlich viel passiert, die Branche entwickelt sich immer weiter. Einen Biersommelier gab es 1998 zum Beispiel noch nicht. Aber das Verordnungsverfahren, das über das Bundesbildungsinstitut läuft, ist sehr mühsam und kann bis zu zehn Jahre dauern. Bis dahin kann sich wieder einiges verändert haben.
In der Gastronomie und Hotellerie ist Personalmangel ein großes Problem. Gibt es genügend Nachwuchs?
Der Ausbildungsmarkt hat sich wieder etwas verbessert. Ich habe von einigen Betrieben gehört, dass die Nachfrage nach einem Ausbildungsplatz zugenommen hat. Trotzdem ist es noch mühsam. Das ist auch kein branchenspezifisches Phänomen, denn auch etwa im Handwerk fehlt es an Personal. Alle suchen und jeder fragt sich, wo die Leute geblieben sind.
… und wo sind sie geblieben?
Leider weiß darauf keiner die Antwort. Jede Branche fragt sich das. Wir hören teilweise, dass Menschen in ihr Heimatland zurückgegangen sind, andere arbeiten zum Beispiel beim DHL oder bis vor Kurzem in Testzentren.