Es ist ein Kreuz mit den Double Seatings, die sich vermehrt in der heimischen Gastronomie etablieren und für Restaurants mit wenigen Sitzplätzen wirtschaftlich Sinn machen: Wahlweise geht man jetzt zu früh oder etwas später essen. Und was mal ein schöner Abend im Restaurant war, bedeutet jetzt eine Verweildauer von zwei Stunden. Darauf macht uns der freundliche Service gleich zu Beginn des Seatings um 18.30 Uhr auch aufmerksam. Eilends studieren wir also zum prickelnden Pet Nat von der Scheurebe (0,15 l 9 Euro) die spannende Weinkarte des Teams der Klinkerbar, die nach dem Auszug in Eimsbüttel vorübergehend eine Heimat in den Räumen des ehemaligen HACO auf St. Pauli gefunden hat, sechs Monate wird es den Feuerdrache dort geben. In der Küche bollert der Holzofen-Grill, der hier eine große Rolle spielt. Jetzt erst mal gebeizte Lachsforelle mit Blutorangen und belebender Chilischärfe, ein erfrischender Auftakt (15 Euro). Die handwerklich sauber gearbeitet Pâté en croûte, eine Fleisch-Pastete mit Leber, Kapern-Remoulade und würzigem Bittersalat-Bouquet (15 Euro) erinnert mich daran, dass ich Sharing-Konzepte eigentlich nicht mag. Ich neige nicht zu Fressneid und liebe Family Style Dinner – beim Sharen aber zerfällt die Kunst der Küche rasch in Einzelteile und Krümelei. Das Schicksal ereilt auch das warme Artischocken-Tartelette (16 Euro) mit Ricotta und Schmorzwiebeln. Aber herrlich französisch das alles. Im Glas allerdings ein Palomino Fino von der Equipo Navazos (Fl. 48 Euro), ein Weißwein jener Traube, die in Andalusien eigentlich in die Sherry-Fässer wandert. Top dazu der Blumenkohl vom Grill in gebrannter Sauce velouté, die knusprigen Comté-Käsekroketten mit Bärlauch und Taggiasca Oliven-Creme (je 15 Euro). Ein Glücksfall ist die grätenfrei im Butterfly-Stil servierte Forelle aus der Lüneburger Heide: auf den Punkt saftig auf der Haut gegrillt, dazu göttliche Salsa verde aus grünen Tomaten und raffiniert eingesetztem Jalapeño Chili (29 Euro). Minimalismus und Tiefe und ich sag mal … Zack ist unsere Zeit um, die Tische leeren sich zügig, im Eingang drängeln sich die Gäste des nächsten Seatings. Wir stehen pünktlich um 20.30 Uhr wieder auf der Straße. Draußen ist es noch hell. Was anfangen mit dem angebrochenen Abend? Das ist, jedenfalls in dieser Ecke Hamburgs, gottlob kein Problem.
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19 - 24 Uhr