AuthenTikka

Ich atme ein, ich atme aus. Tränen steigen mir in die Augen und alte Erinnerungen an Indien werden wach. In den 1990er-Jahren war ich für einige Wochen als Foodstylist für ein Kochbuch in Mumbai tätig. Abends verbrachten wir oft Zeit im Restaurant unseres Kochs Anish. Jedes Dinner begann mit seiner aufrichtigen Beteuerung: „I know Steven, for you not so hot!“ Trotzdem habe ich mich immer wieder blamiert. Schärfe kann ich einfach nicht. Hier im Authentikka sei diese aber geradezu wohldosiert, interveniert mein Begleiter, belebend und anregend. Zumindest Letzteres unterschreibe ich sofort: Das Blut kommt in Wallung und es schmeckt alles köstlich, man kann nicht aufhören! Gegen die Schärfe helfen kaltes Ratsherrn Bier (0,5 l 4,90 Euro) und kühle Raita Jogurt-Dips. Wir teilen uns Gerichte der Rubrik small plates: Drei mächtige Stücke zartes Tandoori-Huhn werden mit Krautsalat aufgetragen, herausragend der Tandoori-Oktopus in cremiger Kokossoße mit Quinoa (je 16,90 Euro). Unser Favorit kommt aus der street-food-Sparte: Keema Naanco, eine Art indische Bolognese aus Lamm und Pute (16,80 Euro) mit fluffigem Naan-Brot und gepickelten Zwiebeln, großartig! Der Gründer des familiengeführten Restaurants, Tarun Rana, nennt seinen Küchenstil „Indian Nostalgia“ – authentische indische Küche, serviert in einem modern gestalteten Restaurant mit äußerst freundlichem Service. Alles hier ist hausgemacht und die Produkte stammen so weit möglich aus der Region. Auf der Homepage des Restaurants ist einiges zu lesen vom Weg und der Einstellung der Familie Rana zu nachhaltigem Handeln und Regionalität. Zum Hauptgang zwei Klassikern: duftendes Hühnercurry in buttrig-cremiger Tomatensoße (16,80 Euro) und zartes Lamm-Biryani (17,50 Euro) in würziger Schmor-Soße mit solider Schärfe unter einem Berg von luftigem Basmati-Reis, Mandeln und Cashewkernen – grandios, doch wir gehen in die Knie: Unsere Vorspeisenauswahl und die üppigen Hautgänge sind einfach viel. Weil man aber im Authentikka den Sehnsuchtshunger der Gäste kennt und sich auch dem low-waste-Gedanken verpflichtet sieht, tauchen alsbald auch an anderen Tischen braune Tüten für Übriges auf – super, da kann ich morgen Mittag zu Hause noch mal die Schärfe überprüfen! 

SP